Rückenschmerzen – Eine Volkskrankheit mit vielen Gesichtern
Lieber Patient, liebes Mitglied, lieber (Fach)Arzt,
Diese Seite bietet Ihnen einen kompakten Überblick zum Thema Rückenschmerzen. Wir erklären, was eine Rückenschmerzen sind, warum dies Schmerzen verursachen kann, und wie die Schmerzen entstehen. Zudem erläutern wir unser bewährtes Vorgehen in Diagnose und Behandlung, basierend auf wissenschaftlichen Studien und jahrelanger Praxiserfahrung. Sie erfahren, ob eine Operation notwendig ist oder auch eine konservative Therapie möglich ist, und was eine anschließende Rehabilitation umfasst. Ziel ist es, Ihnen bereits im Vorfeld Klarheit zu verschaffen und offene Fragen zu klären.
Was sind Rückenschmerzen?
Rückenschmerzen zählen zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden weltweit. Etwa 85 % der Menschen leiden mindestens einmal im Leben darunter – Männer wie Frauen, junge wie alte Menschen gleichermaßen (Wu et al., 2020). Sie sind eine der Hauptursachen für Krankschreibungen und Arbeitsunfähigkeit in Deutschland (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2022).
Man unterscheidet grob zwischen unspezifischen und spezifischen Rückenschmerzen:
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Unspezifische Rückenschmerzen (ca. 85–90 % der Fälle) entstehen ohne klare organische Ursache. Meist spielen funktionelle, muskuläre und psychosoziale Faktoren eine Rolle (Airaksinen et al., 2006).
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Spezifische Rückenschmerzen haben eine erkennbare Ursache wie z. B. einen Bandscheibenvorfall, eine Spinalkanalstenose oder entzündlich-rheumatische Erkrankungen (Deyo & Weinstein, 2001).
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Zudem wird nach akuten (<6 Wochen), subakuten (6–12 Wochen) und chronischen (>12 Wochen) Rückenschmerzen unterschieden (Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz, 2017).
Ursachen: Warum der Rücken schmerzt
Bei Rückenschmerzen spielen meist mehrere Faktoren eine Rolle. Neben körperlichen Ursachen wie Bewegungsmangel, einseitigen Belastungen oder Übergewicht, haben auch psychosoziale Aspekte einen großen Einfluss.
Zu den häufigsten Risikofaktoren zählen:
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Bewegungsmangel und sitzende Tätigkeiten (Heneweer et al., 2009)
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Fehl- und Überbelastung der Muskulatur
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Stress, depressive Verstimmungen und Ängste (Wertli et al., 2014)
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Schlafmangel oder schlechte Regeneration
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Rauchen und ungesunde Lebensweise
Besonders kritisch: Die Furcht vor Bewegung („Fear-Avoidance-Beliefs“) kann dazu führen, dass Betroffene sich aus Angst vor Schmerz schonen – was langfristig zu Muskelabbau, schlechterer Haltung und chronischen Schmerzen führen kann (Vlaeyen & Linton, 2000).
Therapie: Was hilft wirklich bei Rückenschmerzen?
Die Leitlinienempfehlungen sind eindeutig: Körperliche Aktivität ist die zentrale Therapieform bei Rückenschmerzen, vor allem bei chronischen unspezifischen Beschwerden (Qaseem et al., 2017). Dabei ist weniger die konkrete Methode entscheidend als die Regelmäßigkeit.
Empfohlene Maßnahmen:
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Gezielte Kräftigung der Rumpfmuskulatur (Steele et al., 2015)
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Mobilisation und Dehnung zur Verbesserung der Beweglichkeit
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Alltagsintegration von Bewegung, z. B. durch aktives Sitzen, kurze Gehpausen oder Steharbeit
Ein strukturierter und individuell angepasster Trainingsplan kann nicht nur Schmerzen lindern, sondern auch die Lebensqualität und Funktionsfähigkeit steigern (Hayden et al., 2005).
Was wir tun
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Aufklärung und Beratung
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Multimodale Therapieansätze bei chronischen Beschwerden
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Aktive Physiotherapie
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Strategien zum Beschwerdemanagement im Alltag vermitteln
Prävention: Wie kann ich Rückenschmerzen vorbeugen?
Regelmäßige Bewegung, rückengerechtes Verhalten im Alltag, ein gesunder Lebensstil und Stressbewältigung gelten als die wichtigsten Säulen der Rückenschmerz-Prävention. Schon kleine Veränderungen im Alltag können einen großen Unterschied machen:
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Regelmäßiges Krafttraining (vor allem des Rumpfes)
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Arbeitsplatz ergonomisch gestalten
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Langes Sitzen vermeiden
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Kurze Bewegungspausen einbauen
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Körperhaltung bewusst wahrnehmen und variieren
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Stress abbauen durch Entspannungstechniken oder Achtsamkeit
Fazit
Rückenschmerzen sind zwar weit verbreitet – aber in den meisten Fällen gut behandelbar. Statt Schonung helfen Bewegung, Aufklärung und ein aktiver Lebensstil. Wer langfristig schmerzfrei leben will, sollte den Rücken regelmäßig stärken und sich nicht vom Schmerz lähmen lassen.
Literaturverzeichnis
Airaksinen, O., Brox, J. I., Cedraschi, C., Hildebrandt, J., Klaber-Moffett, J., Kovacs, F., ... & COST B13 Working Group on Guidelines for Chronic Low Back Pain. (2006). European guidelines for the management of chronic nonspecific low back pain. European Spine Journal, 15(Suppl 2), S192–S300.
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). (2022). *Arbeitswelt im Wandel – Zahlen, Daten, Fakten*. https://www.baua.de
Deyo, R. A., & Weinstein, J. N. (2001). Low back pain. New England Journal of Medicine, 344(5), 363–370.
Hayden, J. A., van Tulder, M. W., Malmivaara, A., & Koes, B. W. (2005). Exercise therapy for treatment of non-specific low back pain. *Cochrane Database of Systematic Reviews*, (3).
Heneweer, H., Vanhees, L., & Picavet, H. S. J. (2009). Physical activity and low back pain: a U-shaped relation? Pain, 143(1–2), 21–25.
Nationale VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz. (2017). Kurzfassung, 3. Auflage. https://www.leitlinien.de/nvl/kreuzschmerz
Qaseem, A., Wilt, T. J., McLean, R. M., & Forciea, M. A. (2017). Noninvasive treatments for acute, subacute, and chronic low back pain: a clinical practice guideline. Annals of Internal Medicine, 166(7), 514–530.
Steele, J., Fisher, J., Giessing, J., & Gentil, P. (2015). Resistance training to momentary muscular failure improves muscle strength and hypertrophy in older adults: a systematic review and meta-analysis. Journal of Sports Sciences, 35(11), 1071–1080.
Vlaeyen, J. W. S., & Linton, S. J. (2000). Fear-avoidance and its consequences in chronic musculoskeletal pain: a state of the art. Pain, 85(3), 317–332.
Wertli, M. M., Rasmussen-Barr, E., Weiser, S., Bachmann, L. M., & Brunner, F. (2014). Catastrophizing—a prognostic factor for chronicity in patients with low back pain: a systematic review. The Spine Journal, 14(11), 2639–2657.
Wu, A., March, L., Zheng, X., Huang, J., Wang, X., Zhao, J., ... & Hoy, D. (2020). Global low back pain prevalence and years lived with disability from 1990 to 2017: estimates from the Global Burden of Disease Study 2017. The Lancet Rheumatology, 2(9), e537–e545.