
SIE, ODER JEMAND DEN SIE KENNEN, SOLL EIN MRT MACHEN?
Wir fassen auf dieser Seite alle wichtigsten Infos zusammen.
430 Worte | 5 Minuten Lesezeit
INHALTSVERZEICHNIS
Lieber Kunde, Patient und/oder (Fach)Arzt,
Mit dieser Seite möchten wir Ihnen einen umfassenden Einblick in das Thema "Bildgebende Verfahren" geben. Wir erläutern die Problematik, erklären welche Alternativen es gegenüber den bildgebenden Verfahren gibt. Dabei stützen wir uns ausschließlich auf wissenschaftliche Studien und unsere langjährige praktische Erfahrung. Ziel ist es, Ihnen schon im Vorfeld wichtige Informationen an die Hand zu geben, mögliche Unsicherheiten zu klären und Ihnen eine nachhaltige Herangehensweise an das Thema ermöglichen.
Bildgebende Verfahren: Mehr Schein als Sein
Medizinische Leitlinien raten ausdrücklich von einer routinemäßigen Verwendung von MRT oder Röntgen zur Diagnose von Rückenschmerzen ab, da diese Verfahren zu viele Fehlalarme auslösen.¹
Man könnte es fast mit einer Szene aus Monty Python vergleichen: Die Geräte schlagen ständig an, aber das Ergebnis ist in vielen Fällen nicht hilfreich.
Das Problem: Hohe Variabilität in der Interpretation
Das größte Problem bei MRTs (und allen anderen Scans) ist die enorme Variabilität in der Interpretation dessen, was zu sehen ist – oder was der Radiologe meint, zu sehen.
Ein Befund, den der eine Radiologe als Bandscheibenvorfall bezeichnet, kann von einem anderen als degenerative Bandscheibenerkrankung gedeutet werden.¹
Eine eindrucksvolle Studie aus dem Jahr 2007 verdeutlicht dies:
Ein Patient mit stabilen, aber chronischen Rückenschmerzen ließ sich innerhalb von drei Wochen in 10 verschiedenen Zentren untersuchen. Die Ergebnisse: 49 unterschiedliche Diagnosen – und kein einziger Befund tauchte in allen 10 Berichten auf.
Pathologien ≠ Schmerz
Ein weiteres Problem:
Bildgebende Verfahren zeigen häufig pathologische Veränderungen, die gar nichts mit den Schmerzen des Patienten zu tun haben. In vielen Studien konnte gezeigt werden, dass schmerzfreie Menschen genauso viele Auffälligkeiten (wie Bandscheibenvorfälle, Arthrosen oder Vorwölbungen) im MRT haben wie Patienten mit Beschwerden.³–⁸
Das verdeutlicht: Schmerz entsteht nicht ausschließlich durch das, was auf einem Scan sichtbar ist.
Warum Röntgen- und MRT-Untersuchungen bei Rückenschmerzen oft mehr schaden als nützen
Die Vermeidung von unnötigen Bildgebungen ist entscheidend – und das nicht nur, weil MRT- und Röntgenaufnahmen häufig Fehlalarme auslösen. Das eigentliche Problem geht viel tiefer:
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Sie verstärken Angst und Unsicherheit
MRT- und Röntgenbilder unterstreichen ungewollt die Vorstellung, dass im Rücken etwas „kaputt“ oder „schief“ sein könnte. Genau diese Sichtweise ist jedoch eine fehlgeleitete und veraltete Erklärung von Rückenschmerzen.
Nichts verschlimmert Rückenschmerzen mehr als Angst – und Fehlinterpretationen von Scans befeuern diese Angst massiv. -
Sie klären die Ursache nicht – sie verwirren sie
Ein umfangreicher wissenschaftlicher Beleg zeigt, dass die Ergebnisse bildgebender Verfahren kaum mit den tatsächlichen Schmerzen korrelieren. Viele Auffälligkeiten, die im MRT „dramatisch“ wirken, haben gar keine klinische Bedeutung.
Umgekehrt können sich auch schwerwiegende Diagnosen (wie Bandscheibenvorfälle oder Wirbelgleiten) häufig von selbst zurückbilden oder verbessern – und zwar ohne operative Eingriffe. Studien zeigen, dass sich über die Hälfte aller Bandscheibenvorfälle spontan regenerieren.¹⁰ -
Sie lenken Diagnose und Behandlung in die falsche Richtung
Wenn der Fokus auf „auffälligen“ Bildern liegt, besteht die Gefahr, dass sowohl Arzt als auch Patient von einem falschen Problem ausgehen.
Das Ergebnis: Behandlungen, die nicht zielführend sind, unnötige Kosten und eine höhere Wahrscheinlichkeit für chronische Beschwerden.
Genau dieser Mechanismus ist einer der Hauptgründe, warum Rückenschmerzen zu den teuersten Gesundheitsproblemen weltweit gehören.
Wie sieht es in der Praxis aus?
Fragen wir unsere Patienten, wo sie die Ursache ihrer Rückenschmerzen vermuten, hören wir häufig Antworten wie:
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„Das sind die Abnutzungen meiner Wirbelsäule.“
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„Verschleiß.“
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„Das kommt durch meinen Beruf.“
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„Ich bin einfach zu alt.“
Die spannende Gegenfrage lautet:
Finden wir im Umkehrschluss bei jungen, beschwerdefreien und sportlichen Menschen keine degenerativen Veränderungen?
Eine Studie liefert hierzu eine klare Antwort:
33 beschwerdefreie Tennisspieler/-innen mit einem Durchschnittsalter von nur 17,3 Jahren wurden untersucht.¹¹
Das Ergebnis:
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Nur 5 Spieler (15,2 %) zeigten keinerlei Auffälligkeiten.
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Ganze 84,8 % hatten Veränderungen wie Degenerationen der Facettengelenke oder Bandscheiben, Synovialzysten, Bandscheibenvorfälle oder sogar Spondylolisthesis.
Das Fazit: Keine Auffälligkeiten im MRT zu haben, ist die eigentliche Abnormalität!
Wann ist eine Röntgen- oder MRT-Untersuchung sinnvoll?
Wir möchten nicht behaupten, dass MRTs oder andere bildgebende Verfahren nutzlos sind oder niemals verwendet werden sollen. Natürlich liefern sie nicht immer Fehlalarme. Das MRT ist zweifellos eine bahnbrechende Technologie: die Möglichkeit, hochauflösende Bilder von Weichteilen tief im Körper zu erhalten, ist wertvoll und für Ärzte wie Patienten gleichermaßen faszinierend.
Bei schwerwiegenden oder unheilvollen Anzeichen und Symptomen sind MRTs und andere radiologische Tests von unschätzbarem Wert. Sie ermöglichen eine schnelle, präzise Diagnose und eröffnen den Weg zu einer raschen Behandlung.
Allerdings:
Das Durchführen von MRTs ohne klare medizinische Indikation (also ohne schwerwiegende Symptome oder Warnsignale) birgt das Risiko von Überdiagnosen und Fehldiagnosen.
Man darf nicht vergessen:
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Bildgebende Verfahren sind in erster Linie dazu gedacht, schwere Erkrankungen auszuschließen.
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Wenn es um „normale“ Rückenschmerzen geht, können und sollen Scans nicht die genaue Ursache des Schmerzes benennen.
Quellenangabe:
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